Neue Perspektiven in der Auffangklasse

 

Neue Perspektiven in der Auffangklasse

Die Auffangklasse ist das Beschulungs-Angebot für Kinder und Jugendliche, die neu im Kinder- und Jugendhaus St. Josef aufgenommen wurden. Nach mehreren Entwicklungsschritten haben wir heute mit der Auffangklasse ein fest etabliertes Beschulungsangebot, das von einer Grund- und Hauptschullehrerin auf dem Gelände des Kinder- und Jugendhauses im Wendum geleitet wird. Ergänzt wird das Angebot durch handwerklichen Unterricht, der zusätzlich von einem erfahrenen Mitarbeiter mit einem festen Stundenkontingent begleitet wird.

Kinder und Jugendliche in der Auffangklasse

Es ist Dienstagmorgen, 8.45 Uhr. – Johanna Gülck, Grund- und Hauptschullehrerin an der Klaus-Groth-Schule, kommt den Weg an der Obstbaumwiese gelaufen und wird gleich die Tür zum Freizeitraum aufschließen. Davor hat sich heute eine Gruppe von elf Kindern und Jugendlichen versammelt. Sie alle sind Schülerinnen und Schüler der sogenannten „Auffangklasse“.

Jasmin* geht schon seit längerer Zeit nur selten zur Schule. Sie ist 15 Jahre alt und ihre Schulpflicht wäre zum Schuljahresende eigentlich schon erfüllt, wenn sie nicht die 1. und die 6. Klasse wiederholt hätte. Jasmin ist jetzt in der 8. Klasse. Ihre schulischen Leistungen sind sehr schwach, dennoch ist sie bemüht und erscheint regelmäßig zum Unterricht. Heute beginnt sie ihren Schultag erst einmal in der Holzwerkstatt bei Günter Hölscher. Hier arbeitet sie an Holzfiguren für den Martinsmarkt und einem Kettenanhänger für ihre Mutter. Nach einer langen Zeit der Schulabstinenz gelingt es ihr hier spürbar, ihre Belastungsfähigkeit zu steigern. Jasmin wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch in den nächsten Jahren noch im Kinder- und Jugendhaus St. Josef leben. Über das „Schultraining“ gäbe es die theoretische Chance, den Wiedereinstieg in die allgemeinbildende Schule zu schaffen. Aber auch für die Vorbereitung auf den zweiten Bildungsweg ist jeder Tag in der Auffangklasse und der Werkstatt ein Schritt in die richtige Richtung.

Anna* ist 9 Jahre alt. Sie geht in die 3. Klasse einer Schule in Ahrensburg. Der Weg wäre dank einer guten Busverbindung eigentlich zu schaffen, aber doch für eine Grundschülerin, die sich in einer fremden Umgebung neu orientieren muss, eine Überforderung. Anna ist ein aufgewecktes Mädchen. Sie bringt ihren Ranzen mit und arbeitet an ihren Übungsheften. Johanna Gülck merkt schnell, dass die Drittklässlerin einige Lücken in den Fächern Deutsch und Mathematik hat, und versucht, sie mit entsprechenden Lernmaterialien zu fördern. In den nächsten Wochen wird geklärt, ob die Eltern von Anna ihre elterliche Sorge angemessen ausüben können oder nicht. Wenn Anna dauerhaft oder längerfristig aufgenommen wird, sucht Johanna Gülck den Kontakt zu ihrer Schulleitung, um Anna in eine Klasse an die Klaus-Groth-Schule in Bad Oldesloe wechseln zu lassen.

Niklas* ist 13 Jahre alt und kommt aus Norderstedt. Er scheint ein ordent­licher Schüler zu sein und sein Halbjahreszeugnis aus der 7. Klasse ist ­zufriedenstellend. Die ­Mutter von Niklas ist alleinerziehend und wird derzeit aufgrund einer psychischen Erkrankung in einer Klinik stationär behandelt. Das ist auch der hauptsächliche Grund für Niklas‘ Aufnahme im Kinder- und Jugendhaus St. Josef. Niklas bekommt von seiner Klassenlehrerin aus Norderstedt die Materialen für die Hauptfächer zugeschickt, die er dann mit Johanna Gülck bearbeitet. So kann er den Anschluss zu seiner Klasse in Norderstedt halten, denn es ist davon auszugehen, dass Niklas in ein paar Wochen wieder bei seiner Mutter leben wird.

Die Auffangklasse ist eine bunt zusammengesetzte Lerngruppe. Das unterschiedliche Alter und der unterschiedliche Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler sind für die Lehrkraft eine besondere Herausforderung. Für die Schülerinnen und Schüler ist die Auffangklasse eine gute Chance, um Lerninhalte zu vertiefen, nachzuarbeiten oder neu zu entwickeln.

* Namen geändert

 

 

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