Privatsphäre in den Wohngruppen

Ein eigenes Reich fürs Private ist wichtig. Klar formulierte Grenzen gehören dazu.

Privatsphäre ist ein wichtiges Thema in der Heimerziehung. In der öffentlichen Jugendhilfe wird das Persönliche stärker als in der Familie nach außen sichtbar. Das Abschotten von privaten und persönlichen Informationen in einer Wohngruppe gegenüber den bis zu neun jungen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern sowie einem Team mit mehreren Erzieherinnen und Erziehern ist kaum möglich. Unsere Jugendparlamentssprecher und -sprecherin brachten das Thema in diesem Jahr ins kontinuierlich tagende Qualitätsmanagement ein. Sie berichteten von ihren Erfahrungen auf dem 4. Landesjugendkongress Schleswig-Holstein, der Ende Juni stattgefunden hatte. Dort trafen sich Bewohner und Bewohnerinnen und ihre Erzieher und Erzieherinnen aus verschiedenen stationären Einrichtungen des Landes, um Themen der Jugendhilfe in Workshops zu bearbeiten. Für mich als pädagogischen Leiter war es beeindruckend, mit welcher Ernsthaftigkeit die beiden Jugendlichen ihr Anliegen einbrachten und uns dazu aufforderten, uns ausführlicher mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.

Privatsphäre in den Wohngruppen

Gemeinsam mit den Jugendvertreterinnen und -vertretern fassten wir den Entschluss, für September einen Workshop zu diesem Thema vorzubereiten und durchzuführen. Teilnehmen sollten die Mitglieder des Jugendparlaments und zusätzlich einige Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Gruppenleitungen aller Wohngruppen. Im Workshop setzten sich schließlich 24 Teilnehmende mit kritischen Anmerkungen zu den persönlichen Erfahrungen in den Wohngruppen und den Wünschen und Ideen der Jugendlichen zur Verbesserung auseinander. Am Ende wurden Forderungen erarbeitet, die nun ausformuliert werden müssen. Im Januar 2019 kommen die Teilnehmenden des Workshops erneut zusammen. Dann sollen die Forderungen festgeschrieben und vereinbart werden. Meine Aufgabe wird es dann sein, die Forderungen aufzugreifen und einzuordnen. Es wird eine Leitlinie zur Wahrung der Privatsphäre geben. Sie soll für die Wohngruppen mit ihren unterschiedlichen Konzepten zur Basis für Regelungen und Selbstverpflichtungen werden.

Gemeinsam wurde für ein wichtiges Anliegen gearbeitet. Ich hoffe, dass die Bewohnerinnen und Bewohner unserer Einrichtung die Erfahrung machen werden, dass es sich lohnt, für berechtigte Anliegen das Wort zu ergreifen und sich dafür einzusetzen.

Was bedeutet …
Privatsphäre
Die private Sphäre ist der Bereich einer jeden Person, der nicht öffentlich ist, also der nur die eigene Person angeht. Jede und jeder hat ein geschütztes Recht darauf, bei privaten Angelegenheiten in Ruhe gelassen zu werden. Der Schutz der Privatsphäre ist in den Grundrechten unseres Grundgesetzes geregelt. Die Kinderrechte-Konvention der Vereinten Nationen betont in Artikel 16, dass dieses Recht auch für Kinder gilt: „Kein Kind darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben … oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.“

Stefan Götting