Aktionsbündnis Kindeswohl in Schleswig-Holstein
Das Aktionsbündnis Kindeswohl hat sich im November 2023 gegründet, um auf den zunehmenden Notstand in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein zu reagieren. 15 Vertreterrinnen aus Einrichtungen der Heimerziehung und der Wohlfahrtsverbände begannen eine Kampagne und reisten durch die Jugendhilfeausschüsse des Landes, um Politik und Verwaltung über die kritische Situation zu informieren. Das Kinder- und Jugendhaus St. Josef schloss sich dem Aktionsbündnis im Februar 2024 an.
Dem Aktionsbündnis liegen drei zentrale Themen am Herzen. Zum einen haben sich die Bedarfe für junge Menschen in den letzten 30 Jahren sehr verändert. Individuelle und passgenaue Hilfen sind fachlich gefordert. Dem gegenüber haben sich die Stellenschlüssel in den Wohngruppen nicht angepasst. Zum anderen haben sich die Anforderungen an die Pädagogen in Richtung Medien, Kinderschutz und Dokumentation, um nur einige zu nennen, stark erhöht. Zu wenig Personal bei einer Zunahme der Aufgaben – die Belastung steigt. Des Weiteren leidet auch das Arbeitsfeld der Heimerziehung unter dem Fachkräftemangel. Dieser wird verstärkt, wenn die Arbeitsbedingungen unattraktiv sind.
Stehen nicht genug Mitarbeiter zu Verfügung, werden Wohngruppen geschlossen und Plätze werden abgebaut. Es ist zu befürchten, dass künftig nicht mehr genügend Plätze zur Versorgung junger Menschen zur Verfügung stehen. Dann wird das Jugendamt bei seiner Suche nach einer Einrichtung die Familien priorisieren, in denen die Problemlagen am stärksten und die Bedarfe der jungen Menschen am höchsten sind. Das würde zu einer stärkeren Belastung der Pädagogen im Gruppendienst führen. Wenn das geschieht, ist zu befürchten, dass die Mitarbeiter in der Heimerziehung in andere, möglicherweise weniger belastende Arbeitsfelder der sozialen Arbeit ausweichen. Es stünden noch weniger Mitarbeiter zu Verfügung. Es entstünde ein klassischer Teufelskreis.
Fakten zur stationären Kinder- und Jugendhilfe
Gewalt
Zahl der Kindeswohlgefährdungen haben neuen Höchststand erreicht.
Überlastung
Eine Fachkraft betreut bis zu 10 Kinder und Jugendliche stationär. Zuwachs der Inobhutnahmen: 40 Prozent mehr als im Vorjahr.
Platzmangel
Jugendämtern fällt es immer schwerer, Kinder- und Jugendliche stationär zu versorgen.
Belastung
Fehlende Zuwendung kann zu Depressionen und Angststörungen führen. Belastete Kindheit hat Auswirkungen auf Sucht, Suizid und Gewalt.
Gefahren
Gewalt, Hass und Mobbing erreichen über digitale Kanäle junge Menschen unmittelbar.
Unbeliebtheit
Die Arbeit in der stationären Betreuung ist wenig attraktiv. Ein Beispiel: Nachbereitschaften werden nur zu 25 Prozent vergütet.
Das Aktionsbündnis versucht mit seiner Kampagne, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken.
Weitere Informationen zum Aktionsbündnis: www.kindeswohl-sh.de
Dokumentation des Bündnistages vom 1. Juni 2024 in Kiel